Lebensmittelzusatzstoffe / E-Nummern: Essen mit unbekannten Zahlen – Claudia will’s wissen


Ich dachte immer, es gibt nur Gleichungen mit unbekannten Zahlen, doch die E-Nummern sind wie Platzhalter oder fremde Vokabeln. Zusammenhänge sind ohne Kenntnisse nicht auf einen Blick verständlich. Da sind die meisten Kfz-Kennzeichen schon selbstsprechender.

E-Nummern sind aber auch nur Abkürzungen, die einem gewissen Schema unterliegen. So wie bei den Kfz-Kennzeichen das M für München, B für Berlin und K für Köln stehen, so steht das E für …  Essen ? Nein, so ist es nur bei den Kfz-Kennzeichen.

Chips Garantiert ohne Geschmacksverstärker

Das E steht für „Europa“ oder auch  „edible“ = engl. essbar. Wir essen also essbare Nummern. Die E-Nummern gelten europaweit und werden von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit vergeben und zugelassen. Für eine Neuzulassung müssen wissenschaftliche Dokumente für eine Unbedenklichkeit eingereicht werden.

Es gibt derzeit ca. 320 zugelassene Zusatzstoffe in der EU.

320! Daher kann sich das wohl auch keiner wirklich alles merken, oder wisst ihr was E104, E233 oder E321 sind? Man liest diese Unbekannten häufiger auf den Inhaltsstoffen der Lebensmittelverpackungen und ärgert sich, dass man eigentlich nicht weiss, was es ist. Machen wir also einen Test:

E104   Chinolingelb

E233   Thiabendazol

E321   Butylhydroxytoluol (BHT)

Und sind wir nun schlauer? Nicht wirklich, oder? Okay, E104 ist ein Farbzusatzstoff, das kann man dem Wort noch logisch entnehmen. Aber die anderen beiden sind für mich ebenso Unbekannte ohne jegliche Verknüpfung für meine Kaufentscheidungen.

Wie ich oben schon über den Vergleich mit den Kfz Kennzeichen andeutete, haben die Nummern eine Logik. Versuchen wir also etwas Klarheit in dieses System zu bekommen. Die erste Zahl, also die Hunderterstelle, sagt aus was mit dem Stoff bezweckt wird.

E1 = Farbstoffe

E2 = Konservierungsmittel

E3 = Antioxidationsmittel (E300-E321)

E3 = Emulgatoren, Stabilisatoren, Säurungsmittel, Verdickungsmittel ( E322-418)

E4 = verschiedene Zusatzstoffe und Überzugsmittel (E420-1518)

Ja, das hilft doch schon weiter. Denn mit dem Begriff alleine wäre das bei so vielen Stoffen gar nicht zu schaffen. Leider habe ich feststellen müssen, dass es auch Treffer gibt, die ausserhalb des Nummernkreises liegen. Wie komme ich auf so was? Während des Schreibens bin ich auf eine sehr informative Seite gestoßen, die ich empfehlen kann. Sie ist wirklich alltagstauglich und bietet schnelle Hilfe im E-Nummern-Dschungel.

Die Online Datenbank als Alltagshilfe im E-Nummern-Dschungel: 

In der Datenbank Zusatzstoffe  kann man über die E-Nummer oder den Namen des Zusatzstoffes suchen.  Auch die Schnellinfo über die Funktionsklassen ist sehr sinnvoll.

Datenbank Zusatzstoffe
Quelle: www.zusatzstoffe-online.de

Im Register Gesundheit gibt es Informationen zu Zusatzstoffen im Bezug auf Stoffwechelstörungen oder auch zu Allergien. Es findet dabei ein Filtern statt, das die zu diesem Thema kritischen E-Nummern anzeigt und weitere Informationen beinhaltet. Wer Zusatzstoffe auf Basis von tierischen Rohstoffen vermeiden möchte, kann diese durch eine Auswahl im Register „Herstellung und Verwendung“ anzeigen lassen. Auch eine wertvolle Zusammenstellung bezogen auf Bio-Lebensmittel-Zusatzstoffe ist vorhanden. Sogar bei zu Gentechnik relevanten Zusatzstoffen wird man fündig. Man findet zusätzlich Informationen über den ADI-Wert, der häufig bei  Zusatzstoffen erwähnt wird.

Kartoffelchips

Der ADI-Wert:

Abkürzung steht für „acceptable daily intake“, was etwa als „duldbare tägliche Aufnahme“ übersetzt werden kann. Also das, was der Mensch grad noch täglich verträgt, ohne gesundheitliche Schäden davon zu tragen. Da man ja rein theoretisch diese Menge jeden Tag und über Jahre hinweg zu sich nehmen könnte, hat man diese schädigenden Wirkungen auf das ganze Leben bezogen. Und um ganz sicher zu sein, hat man die Testergebnisse aus Tierversuchen um den Sicherheitsfaktor 10 für den Menschen verstärkt. Es existiert also ein Sicherheitspuffer, der auch nicht gesunde, nicht ideal ernährte Menschen und besonders empfindliche Verbraucher berücksichtigen soll. Auch stellt ein gelegentliches Überschreiten dieses täglichen Wertes keine Gefahr dar. Eine dauerhafte Überschreitung sollte jedoch vermieden werden. Das Ergebnis dieser Bewertungen aus durchschnittlichem täglichem Wert und Sicherheitsfaktor ist der ADI-Wert.  Er wird in mg/kg Körpergewicht angegeben.

Hier ein Beispiel mit Zitaten aus der obigen Datenbank:

Der ADI-Wert für E214 Para-Hydroxy-Benzoesäure-Ethylester (Konservierungsstoff) liegt bei 10 mg/kg Körpergewicht. „… Ein 70 kg schwerer Mensch sollte also nicht über längere Zeiträume mehr als 700 mg des Konservierungsstoffes am Tag zu sich nehmen, ein 40 kg schweres Kind nicht mehr als 400 mg. …“ Man findet diesen Konservierungsstoff  in Kartoffelchips, Süßigkeiten und Fleischwaren. „... Je nach Essgewohnheiten und Gewicht des Essenden, kann also der ADI-Wert im Alltag durchaus überschritten werden. …“ Nur nebenbei erwähnt: E214 ist für Allergien und allergieähnliche Symptome verantwortlich.

Ist das bisherige theoretische Wissen nun alltagstauglich?

Wir haben vorhin einen praktischen Test gemacht. Ich möchte diesen nun mit etwas Leben füllen.

Quelle: von Indoor-Fanatiker  GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2
Quelle: von Indoor-Fanatiker CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Bei den Farbstoffen der Gummibärchen hat man doch schon öfters gehört, dass der Rote der schlimmste Bär wäre und man ihn meiden sollte. Was würden wir also zu uns nehmen mit dem roten Bärchen?

Ich bin fündig geworden in „Gefährliche Stoffe in bunten Gummibären“ von 6/2013 der Rundschau online. Doch da wird in dem Zusammenhang auch noch der gelbe und der orangene Bär genannt:

Gelber Bär (E 104: Chinolingelb = gelber Azofarbstoff) Er steht unter Verdacht krebserregend zu sein und wird in Zusammenhang gebracht mit ADHS / Hyperaktivität bei Kindern. Der ADI-Wert ist von 10 mg pro Kilogramm Körpergewicht auf 0,5 mg/kg gesenkt worden

Orangener Bär (E110: Gelborange S = orangener Azofarbstoff) Im Tierversuch wurden bei hoher Dosis Nierentumore festgestellt. Wird als Auslöser für Neurodermitis oder Asthma vermutet und auch für ADHS / Hyperaktivität bei Kindern. Der ADI-Wert ist von 2,5 mg/kg auf 1 mg/kg gesenkt worden.

Roter Bär (E124a: Cochenillerot A = roter Azofarbstoff) Für Menschen mit Asthma und Neurodermatitis bedenklich, kann die Aktivität von Kindern beeinflussen. Der ADI-Wert ist von 4 mg/kg auf 0,7 mg/kg gesenkt worden.

Und was nun? Wie viel von diesem Azofarbstoff hat so ein Gummibärchen oder 100g? Ich bin, wie vorauszusehen war, nicht fündig geworden. Auf der Suche nach einer Antwort stolperte ich über einen Link, der die Grammzahl für ein Gummibärchen ermittelt hat. Ein Standard Gummibärchen wiegt dem nach 2,38g. Also für die Praxis noch nicht aussagekräftig, aber es steht zumindest ein wenig in Relation zum ADI-Wert. Und das Gerücht, dass der rote Bär der übelste dieser Kerlchen ist, haben wir auch entkräftet, denn es wäre der Gelbe gewesen.

Laut Verbraucherzentrale haben Azofarben nichts in Lebensmittel zu suchen. Sie sind z.B. auch in Zuckerguss, Lachsersatz, Alkopops, essbarer Käserinde, Saucen, künstlichen Wasabi-Pasten, Kaviar-Ersatz, Kaugummi, Milchprodukten und Wackelpudding als optischer Anreiz zu finden.

Schon 2009 hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfohlen, die höchste zulässige Tagesmenge für die drei genannten Azofarbstoffe (E104, E110, E124a) und drei weitere – Azorubin (E 122), Allurarot AC (E 129) und Tartrazin (E 102) – zu senken. Seit 2010 müssen Hersteller, die diese Stoffe verwenden, den Hinweis „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“ auf die Packung drucken. Um diese Hinweispflicht zu umgehen, sind schon Süßwarenhersteller auf andere Farbstoffe umgestiegen, auch Haribo. Dass dies kein Einzelfall ist, zeigt ein weiteres Beispiel:

Cola Zutaten

Wie im Spiegel „Umstrittener Farbstoff: Krebsgesetz zwingt Cola-Konzerne zum Handeln“ von 2012 zu lesen war, lief es bei Coca Cola und Pepsi nicht anders. Denn der Stoff, der diesem Getränk die Farbe verpasst steht, als krebserregend unter Verdacht. Genauer gesagt das Begleitprodukt von Zuckercouleur: Methylimidazol, das bei der Herstellung entsteht: E 150a- E150d:  Zuckercouleur

Um die Verpflichtung mit dem  Warnhinweises „krebserregend“ auf den Getränken in den USA zu vermeiden, haben Pepsi und Cola dort daraufhin das Rezept verändert.

In Sojasaucen, Lakritzbonbons, Kuchen, Brot und Malzbier können diese Zuckercouleur auch enthalten sein. Allerdings nicht in Bioprodukten, denn dort sind sie generell verboten.

 

Ansonsten kann nur, wer die Zutatenlisten studiert, sicher sein. „Dafür ist leider Detektivarbeit nötig“, sagt Verbraucherschützer Armin Valet. Erschwerend kommt hinzu, dass der Hersteller die Wahlfreiheit hat, die  E-Nummer oder den langen Namen anzugeben. Z.B. Chinolingelb, Zuckercouleur oder gar Para-Hydroxy-Benzoesäure-Ethylester. Na, wisst Ihr die dazugehörigen E- Nummern noch? Umgekehrt wäre es uns sicher ähnlich ergangen. (Zur Auffrischung: E104, E150a-d, E214) Zum Glück hilft uns die oben genannte Datenbank bei der Übersetzung.

Aber ohne Angabe, wie viel von diesem E-Stoff je 100g in dem Produkt enthalten ist, werden wir trotz des Studiums der Zutatenliste und der Zusatzinformationen der Datenbank auch nicht wissen, ob wir mit einer konsumierten Menge X den ADI-Wert überschreiten. Bei Kalorien ist dies im Gegensatz seit Jahren möglich.

Nun stellt sich die Frage, ob wirklich jeder bedenklichen E-Nummer auch einen ermittelten ADI-Wert hat, oder? Diese Datenbank ist wirklich genial, denn auch darauf hat sie ein passende Antwort, die man unter dem Register ADI-Wert findet. Leider nein. Hier sind die Gründe: „…

  • Ergeben die verfügbaren toxikologischen, biochemischen und klinischen Daten keinen Hinweis darauf, dass im Rahmen gewöhnlicher Ernährungsgewohnheiten und bei einer ordnungsgemäßen Verwendung des Stoffes in der Lebensmittelindustrie gesundheitliche Gefahren zu erwarten wären, muss kein ADI-Wert festgelegt werden. Meist erfolgt dann auch keine Höchstmengenbeschränkung. Solche Stoffe dürfen jedoch keineswegs in beliebiger Menge eingesetzt werden. Der Grundsatz „quantum satis“ (so viel wie nötig, so wenig wie möglich), verpflichtet die Hersteller dazu, den Stoff nicht stärker zu dosieren, als für die Wirksamkeit unbedingt notwendig ist.

  • Es kommt durchaus vor, dass sich für einen Stoff kein No-observed-effect-Level (NOEL) ermitteln lässt: Im Tierversuch wurden also bei jeder Dosierung gesundheitsrelevante Wirkungen auf den Organismus beobachtet. Dann kann kein ADI-Wert festgelegt werden. Kommen die zulassenden Institutionen jedoch zu dem Ergebnis, dass in der betrachteten Anwendung und bei Begrenzung der Menge keine gesundheitlichen Gefahren zu erwarten sind, kann der jeweilige Zusatzstoff dennoch zugelassen werden. So ist zum Beispiel Borsäure (E 284) in geringen Mengen für die Konservierung echten Kaviars zugelassen: Die Gefahren einer Vergiftung durch das verdorbene Lebensmittel werden höher eingeschätzt als jene, die durch den Konservierungsstoff entstehen könnten. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass echter Kaviar nur selten und in geringen Mengen gegessen wird. …“

Jetzt sind wir nicht wirklich die Gummibärchen, Chips oder Cola Konsumenten, doch es waren schöne Beispiele, auf die ich gestoßen bin. Und ich denke es ist auch ableitbar, was zum Beispiel das Problem der Konservierungsmittel oder Antioxidationsmittel in all den Nahrungsmittelverpackungen auf Grund der Akkumulation der zu sich genommenen Nahrungsmittel dann bedeutet. Aus diesem Grund wäre für unseren Alltag ein genaues Studium der Konservierungsstoffe oder Antioxidationsmittel hilfreich.

Wissenswertes über die Aussage „ohne künstliche Farbstoffe“

Steht auf der Packung „Ohne künstliche Farbstoffe“, sind nur natürliche Farbstoffe wie Rote-Bete-Saft erlaubt, der Kirschjoghurt appetitlicher aussehen lässt. Weitere solcher natürlichen und unbedenklich eingestuften Farbstoffe wären z.B.:

E 100 Kurkumin: Gelber Farbstoff aus der Gelbwurzel

E 160c Paprikaextrakt: Färbt orangerot

E 162 Betanin: Roter Farbstoff aus der Roten Bete

Im Bezug zur neuen Lebensmittel-Informationsverordnung sind solche werbenden Aussagen bei den Inhalts- und  Zusatzstoffen deutlich zu machen. Was sich sonst noch alles hinter dieser neuen Verordnung verbirgt gibt es in folgendem Beitrag zu lesen: Lebensmittel-Informationsverordnung ( LMIV). Er zeigt den praktischen Nutzen, die Veränderungen zur alten Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung und deckt auch möglich trickreiche Schlupflöcher auf.

Weitere Informationen:

Von den zugelassenen 320 Stoffe rät die Verbraucherzentrale bei 107 Stoffen mit häufigem Verzehr ab und bei 17 sogar ganz. Schade dass diese 17 bei der Information nicht mal erwähnt wurden.

 

Eigentlich würde es nun mit den Aromen weiter gehen, doch diese gehören nicht zu den E-Nummern. In einem weiteren Beitrag geht es dann um die Unterscheidung der natürlichen, der naturidentischen oder der künstlichen Aromastoffe. 

Ich bin gespannt, ob Ihr die von mir als wertvoll eingeschätzte  Datenbank im Alltag einsetzen werdet.

 

Grüße Claudia

P.S. ergänzender interessanter Link von GEO „Lebensmittelproduktion-Chemie in der Nahrung“ Es geht u.a. um  Zusatzstoffe wie „Schaumverhüter“ und „Antischnurrmittel“. Auch hochinteressant der in vielen Plastikflaschen eingeführte Stoff: „Dimethylkarbonat“, der in der obergenannten Datenbank nicht als E-Stoff geführt wird und wahrscheinlich auch nicht unter den Zusatzstoffen aufgeführt wird. Noch ein Grund Keine Plastikflaschen zu verwenden.

Quellen: wie immer die verlinkten Seiten und Wikipedia.

Zusätzlich auch: http://www.gifte.de/Lebensmittel/e-nummern.htm

 

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Weitere Infos und jede Menge Interaktion findet Ihr auch auf der Facebookseite “Finding Sustainia“, über Twitter unter @Finding_S und über den Blog der Deutschen Gesellschaft des Club of Rome.

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7 Antworten zu “Lebensmittelzusatzstoffe / E-Nummern: Essen mit unbekannten Zahlen – Claudia will’s wissen”

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