Saatgut. Caroline & Anna über ein wichtiges Buch. #bookchat


Welcome to our first „book chat“!

Kennt ihr das Gefühl, ein Buch gleichzeitig mit einem anderen Menschen zu lesen, mit dem es ganz wunderbar ist, sich immer und wieder auszutauschen? Aaaaalso, es gibt ja verschiedene Menschen. Manche lesen still und heimlich die tollsten Bücher. Wenn Anna allerdings ein Buch liest (und es ist gut), dann wissen in den nächsten Tagen mindestens die Hälfte ihrer Familienangehörigen, einige Freunde und viele, viele Kollegen Bescheid. Und weil es so schön ist, gemeinsam zu lesen, haben wir für euch (und wenn wir ehrlich sind auch für uns selbst, ein neues Format erfunden: den „book chat“.
Als „book chat“ bezeichnen wir bei FindingSustainia eine Buchrezension, die auf Austausch, unterschiedliche Blickwinkel und ein gemeinsames Leseerlebnis setzt. Da wir ein unglaublich buntes Team sind und auch eine sehr vielseitige Leserschaft haben, glauben wir, dass euch ein solcher „book chat“ gefallen könnte. Wir sind gespannt, welche Rückmeldungen wir erhalten. Los geht’s!

Buchrezension von Finding Sustainia

Caroline und Anna haben in den letzten Wochen beide das aktuell erschienene Buch „Saatgut. Wer die Saat hat, hat das Sagen“ von Anja Banzhaf aus dem Oekom-Verlag gelesen.

Anna: 270 Seiten über ein Thema, mit dem ich mich vorher kaum beschäftigt hatte. Baaammm! Das mag zuerst überfordern, aber Anja Banzhaf hat es geschafft, mich mit einem inspirierenden Vorwort und lockeren Überschriften wie „Saatgut – ein heißes Schnäppchen?“ oder „Der lange Weg des blauen Popkorns“ in ihren Bann zu ziehen.

 

Warum Saatgut ein spannendes Thema ist

Anna: Du beschäftigst Dich ja schon lange mit dem Thema Saatgut, Caroline, und bist selbst Landwirtschaftsmeisterin auf einem Bio-Bauernhof. Warum liegen Dir Fragen rund ums Saatgut so am Herzen?

Caroline: Für mich ist Saatgut ist etwas Heiliges. Ursprünglich wurde es „lokal gehegt und gepflegt“, eben im Einklang mit der Natur für ein regionales Gebiet.
Wenn allerdings heute zum Beispiel synthetische Spritzmittel (die übrigens die Bezeichnung PflanzenSCHUTZmittel tragen!!!) bienenfeindlich sind, dürfen sie nur zu bestimmten Zeiten ausgebracht werden. Das ist Theorie. Die Bienen fliegen jedoch auch außerhalb der „normalen“ Zeiten und ich frage mich, ob ein solches Gift tatsächlich nach einigen Stunden für die fleißigen Bestäuber ungefährlich sein kann.

Anna: Stopp, stopp, stopp… jetzt steigst Du schon ganz tief ein… Was genau haben diese so genannten Pflanzenschutzmittel jetzt mit Saatgut zu tun?

Caroline: Das Thema Saatgut ist so komplex. Pflanzenschutzmittel sollen die Kulturpflanzen schützen. Also den Weizen- , Möhren oder Kürbisacker zum Beispiel. Es werden (Spritz)-Mittel eingesetzt, die Schädlinge (Schnecken, Kartoffelkäfer u.a.) und Krankheiten, die durch Pilze oder andere Schaderreger verursacht werden, bekämpfen. Es werden in einer Kultur immer mehrere Mittel eingesetzt und gewöhnlich mehr als nur einmal.
Bienen spielen im Kreislauf unserer Vegetation natürlich eine große Rolle, besonders für die Befruchtung. Das ist die eigentliche Geburt der Äpfel, der Samen, der Blumen… Immer wieder bin ich erstaunt darüber, wie sich Verbraucher zum Beispiel bei der Anwendung giftiger „Pflanzenschutzmittel“ damit beruhigen, dass es ja nur unter bestimmten , gesetzlichen Voraussetzungen ausgebracht werden darf. Wir Verbraucher denken dann allzuleicht: Das ist gesetzlich geregelt und wird schon richtig sein. Dieser Gedanke ist nachlässig und bequem für uns Verbraucher. Mich beruhigt die Tatsache genau wie so viele andere Fragen rund um das Thema Saatgut auf gar keinen Fall!

Und warum interessierst Du Dich für dieses Buch, liebe Anna?

Anna: Ich habe immer mal wieder etwas gelesen über Monsanto und Co. Die Tatsache, dass mit Saatgut so viel Geld gemacht wird und Bauern ihre Eigenständigkeit durch immer stärker werdende Abhängigkeiten verlieren, spukt also lange schon in meinem Kopf herum. Als ich dann noch den unglaublich sehenswerten Film „10 Milliarden“ von Valentin Thurn gesehen habe, war mir klar: ich muss mich näher mit dieser Thematik beschäftigen.

Caroline: Worum geht es in „10 Milliarden“?

Anna: Valentin Thurn fragt sich, wie sich die Weltbevölkerung in Zukunft ernährt… Sein Fazit: dezentrale Strukturen, bio und die Wertschätzung traditionellen Saatguts sind unsere einzige Hoffnung. Und mit dieser Prognose im Ohr verfolge ich die Nachrichten der Übernahme von Monsanto durch Bayer. Wie gruselig. Und um wieviel Geld es bei dieser Schreckenshochzeit gehen soll ist unglaublich: 62 Milliarden Dollar!
Aber hey, bevor uns wirklich übel wird… lass uns über das Buch von Anja Banzhaf sprechen! Wie war Dein erster Eindruck?

 

Unser erster Eindruck vom Buch

Caroline: Das Buch ist unglaublich gut recherchiert, es beleuchtet das Thema allumfassend und weist spannende Quellen aus. Leider finde ich es dennoch für Menschen mit wenig Vorkenntnissen zu umfangreich. Alles ist gut erklärt, der rote Faden ist auch da… ich frage mich jedoch, wer die Zielgruppe des Buches sein könnte?

Anna: Naja, nehmen wir einfach mal mich! Ich hatte wirklich kaum Vorkenntnisse. Erst einmal beginnt Banzhaf mich mit folgenden Worten: „Auch wenn kaum jemand darüber nachdenkt: Wir haben jeden Tag mit Saatgut zu tun.“ Ich finde, damit holt sie genau solche Leute wie mich optimal ab. Dir braucht sie diese Tatsache natürlich nicht mehr erklären. Haha…

Caroline: Stimmt. Aber auch ich finde es bemerkenswert, wie die Autorin komplizierte Inhalte verständlich darstellt. Wer will, kann Zusatzinformationen erhalten. Und wem das zu kompliziert ist, der überspringt gewisse Kapitel beim Lesen.

Anna: Genau! Ich finde, es ist tatsächlich ein Buch für Leser/innen mit eher wenigen Vorkenntnissen.

Caroline: Und gleichzeitig eine Vertiefung für Menschen, die sich bereits damit beschäftigt haben.

Anna: Außerdem finde ich die Graphiken sehr interessant und hilfreich. Zum Beispiel das Bild über die Struktur der Saatgutindustrie. Puuhhh, dabei kann einem geradezu schwindelig werden.

Rezension Saatgut

Caroline: Oh, ja, das ist schon verrückt. Und sehr eindrucksvoll dargestellt.

 

Welche Nahrungsmittel sind heimisch?

Anna: Ein paar Fakten sind mir besonders im Gedächtnis geblieben. Zum Beispiel die Tatsache, dass die Anzahl der „wirklich heimischen“ Nahrungsmittel im nördlichen Europa sehr überschaubar ist. Wir hätten lediglich Johannisbeere, Hafer, Himbeere und Roggen!!! Wusstest Du das?

Caroline: Mir ist bewusst gewesen, das die meisten Nahrungsmittel eingewandert sind, doch dass wir nur so wenige tatsächlich heimische Nahrungspflanzen haben war mir nicht klar. Allerdings hängt das zu einem Teil davon ab, welche Landesgrenzen und Zeiträume in der Weltgeschichte zu grunde gelegt werden.

Anna: Und was ist bei Dir besonders eindringlich hängengeblieben?

Caroline: Da das Thema mir schon seit circa 30 Jahren wichtig ist, habe ich auch immer wieder etwas gelesen und darüber gelernt. Ich war dennoch beeindruckt wie viele Quellen Anja Banzhaff angibt. Der Verein in welchem auch ich Mitglied bin, hinsichtlich Saatguterhaltung, besonders alter Sorten, ist relativ klein. Sogar diesen Verein findet man in ihrem Buch. Anja Banzhaf hat wirklich in allen Winkeln recherchiert und nicht nur bereits bekannte Inhalte wiedergegeben.

Anna: Würdest Du der Autorin an der einen oder anderen Stelle auch widersprechen? Euer Betrieb ist ja selbst ein zertifizierter Saatgut-Vermehrungsbetrieb. Wenn also jemand aus der Praxis sprechen kann, dann Du.

Caroline: Nein. Sie hat mir immer aus dem Herzen geschrieben. Mein Eindruck ist, dass Anja aufklären will ohne anzuklagen. Sie lässt uns Leser frei.

Bookchat Seitenansicht Anja Banzhaf

 

Was hat all das mit FindingSustainia zu tuen?

Anna: Meinst Du, auch wir bei FindingSustainia könnten das Thema noch intensiver aufgreifen?

Caroline: Oh, Ja. Wer sich für FindingSustainia interessiert ist sicher offen für so ein wichtiges Thema. Dazu interessiert mich, liebe Anna, ob Du den Film „More than Honey“ angeschaut hast?

Anna: Den Film nicht. Aber ich habe das Buch zum Film mit einer Bienenpatenschaft an meinen Freund verschenkt.

Caroline: Santa und ich hatten schon mal ein Interview dazu verabredet aber es ist noch nicht zustande gekommen. Ich wünsche mir, dass wir von FindingSustainia das Thema nochmal detaillierter ansprechen, anstatt es bei einer einzigen Rezension zu belassen.

Anna: Oh ja! Das Thema ist so wichtig. Mal sehen, ob auch unsere Leserinnen und Leser Interesse zeigen.

Caroline: Ja, das hoffe ich!

Anna: Auf jeden Fall denke ich, dass wir mit unserem Austausch ein gewisses Interesse für das Buch „Wer die Saat hat, hat das Sagen.“ wecken konnten. Hier noch eine kurze Beschreibung des Aufbaus, für diejenigen von Euch, die es ganz genau wissen wollen:

Alles beginnt mit der Geschichte des Saatguts zuerst in jahrtausend alter Pflanzenzüchtung und bäuerlichen Saatgutsystemen. Im Anschluss beschreibt Anja Banzhaf die Strukturen des industriellen Agrarsystems und der voranschreitenden Konzentration des Saatgutmarktes. Auch auf gesetzliche Rahmenbedingungen geht sie ein und auf Gentechnik und andere biotechnische Verfahren. Der dritte Teil des Buches befasst sich ausführlich mit Initiativen „für eine bessere Welt“. So würden wir diesen Abschnitt jedenfalls nennen. Es geht um eine andere Landwirtschaft, darum Saatgutwissen wiederzugewinnen und weiterzuentwickeln, um Ernährungssouveränität und die sogenannte „solidarische Landwirtschaft“. An dieser Stelle führt die Autorin auch tolle Interviews, um spannende Aktivitäten vorzustelen. Ihr seht, Anja Banzhaf hält einiges für Euch bereit. Also wir sind begeistert, stimmt’s Caroline?

Anja Banzhaf Saatgut

Caroline: Oh ja, liebe Anna, und es war mir eine Freude mit Dir den elektronischen Dialog zu führen. Außerdem möchte Dir hier an dieser  Stelle meinen Dank für Deinen und auch Santas Einsatz für FindingSustainia ausdrücken! Macht weiter so!

Anna: Der Dank ist ganz meinerseits!

 

Sooooo, und für alle, die nun richtig neugierig auf unser Saatgut-Buch geworden sind, haben wir eine besondere Überraschung! Wir verlosen ein Exemplar! Unter all denen, die einen Kommentar hinterlassen werden wir auslosen, wer es bekommen soll. Porto geht auf uns. Mitmachen könnt ihr bis zum 31. Juli. Viel Erfolg!
tt30-logo

Weitere Infos und jede Menge Interaktion findet ihr auf unserer Facebookseite “Finding Sustainia“ und bei Twitter unter @Finding_S.Wir freuen uns auch, wenn ihr euch in der rechten Spalte unseres Blogs für unseren Newsletter anmeldet. So bleiben wir gut verbunden.

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12 Antworten zu “Saatgut. Caroline & Anna über ein wichtiges Buch. #bookchat”

  1. Liebe Kathrin!!! YEEEEEEESSSS! Nun haben wir so lange gewartet, weil wir es selbst nicht so ganz glauben wollten… Aber scheinbar bist Du die absolute Gewinnerin!!! Wir schicken das Buch morgen los. Ganz liebe Grüße und viel Freude damit! Dein FindingSustainia-Team

  2. Das Buch klingt sehr interessant. Und ein netter „book chat“.
    Das Thema Saatgut mit Blick auf Monsanto und Co. beschaeftigt mich schon laenger und macht mir Angst. Ein ziemlich wichtiges Thema, ueber das leider viel zu wenige Menschen Bescheid wissen. Also berichet gerne intensiver darueber!

    Und Samengaertnern ist toll! Ein wundervolles Gefuehl, Pflanzen aus Samen grosszuziehen, die man selbst geerntet hat. So ein Gefuehl der Unabhaengigkeit, wen man den kompletten Kreislauf selbst in der Hand hat.
    Momentan liegt mein Gartenhaus voller getrockneter Pflanzen, von denen die Samen getrennt werden muessen, und warten auf einen gemuetlichen Regentag oder Sommertag der zu heiss ist, um etwas in der prallen Sonne zu machen. Diese Arbeit hat auch so etwas entspannendes, meditatives, wie so vieles im Garten.

    Oh, es waere toll, das Buch zu gewinnen. Hat hier wirklich sonst noch niemand kommentiert? Dann stehen meine Chancen ja gut, hehe.

    Liebe Gruesse aus Tbilisi, vor allem an Anna! 🙂

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