Bioplastikarten im Detail – Claudia will’s wissen


Dies ist die ausführliche Zusatzinformation über Biokunststoffarten zum Beitrag Bioplastik. Sie enthält ergänzende Informationen über mögliche Herstellungszusätze/ Komponenten, die die Eigenschaften der Roh-Biokunststoffe verändern. Teilweise, falls gefunden, ergänzt um Informationen zu sogenannten Blends.

Sie kann weiterhelfen um Biokunststoffe im Bezug auf gesundheitliche Aspekte besser einschätzen zu können.

Biokunststoffarten

I.) Bio-basierter Kunststoff

Biobasiert nennen sich Kunststoffe, die teilweise oder vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt werden. Das bedeutet, dass diese auch schwer oder überhaupt nicht abbaubare Kunststoffe als Endprodukt sein können.

Im Detail betrachtet gibt es folgende Basisarten:

1.) Stärke basiert (Thermoplastische Stärke TPS)

Pflanzen wie zum Beispiel Mais, Weizen, Kartoffeln, Tapioka werden dazu verwendet. Um die leicht verfügbare Stärke zu Plastik zu verarbeiten, werden ihr Hilfsstoffe wie Wasser und natürliche Weichmacher,  wie z. B. Glycerin und Sorbit hinzugefügt. Stärke basierte Arten werden unterteilt in wasserlöslich und wasserresistent.

  • Wasserlöslich: Thermoplastische Stärke ist, aufgrund ihrer für die Nutzung negativen Eigenschaft Wasser aufzunehmen, selten zu finden.
  • Wasserresistent: Dieser Kunststoff besteht aus Stärke und aus wasserabweisenden, biologisch abbaubaren Polymeren wie PolyesterPolyesteramidePolyurethane oder Polyvinylalkohol. Anwendungsgebiete:  Tragetaschen, Joghurt- oder Trinkbecher, Pflanztöpfe, Besteck, Windelfolien, beschichtete Papiere und Pappen.

2.) Cellulose basiert

Geeignete Pflanzen mit hohem Cellulose Anteil sind:

  • Baumwolle fast 95%,
  • Hartholz 40 -75 %,
  • Weichholz 30 – 50%

Über verschiedene chemische Verfahren wird Cellulose von Lignin und Pentosen gereinigt und zu Zellstoff. Anschließend wird durch Veresterung z.B. mit Essigsäure Kunststoff. Als bekannteste Cellulosederivate gelten Celluloseacetat, (CA) Celluloseacetopropionat (CAP) und Celluloseacetobutyrat (CAB).

Die Basis bildet in den meisten Fällen jedoch Celluloseacetat. Er ist ein um Weichmacher modifizierter Naturstoff, der NICHT biologisch abbaubar und somit auch auch NICHT kompostierbar ist. (Wenn man’s genau nimmt, muss biologisch abbaubar nicht zwangsläufig kompostierbar sein! Siehe Hauptbeitrag Biokunststoffe.)

Kunststoffarten auf Cellulosebasis sind:

Anwendungsgebiete:  Schirmgriffe, Tastaturen, Lenkrädern, Spielzeuge, Kugelschreiber, Folien, Werkzeuggriffe, Skibrillen, bruchsichere Sportbrillen, Brillengestelle oder Lichtkuppeln und viele weitere Produkte.

3.) Bakterien / Pilze basiert

Polymilchsäure (PLA): Dieser Roh-Biokunststoff wird durch Milchsäure aus gärendem Zucker oder Stärke mit Milchsäurbakterien erzeugt. Aus den unterschiedlichen Isomeren der Milchsäure können die gewünschten Eigenschaften des Kunststoffs erzeugt werden. Ergänzend dazu auch durch Copolymer wie z.B. Glykolsäure.

PLA und PLA Mischungen (Blends) werden in verschiedenen Qualitäten angeboten, die sich besonders für kurzlebige Produkte in der Verpackung anbieten.

Anwendungsgebiete: Folien, Formteilen, Dosen, Bechern, Flaschen und sonstigen Gebrauchsgegenständen. Ebenso für Anwendungen in der Bauindustrie, Technik, Optik, Automobilbau, dem medizinischen und pharmazeutischen Bereich.

Vorteil: PLA ist wahlweise schnell biologisch abbaubar oder auch jahrelang haltbar. Hohe Festigkeit, gute Verarbeitung auf bereits vorhandenen Anlagen.

Nachteile: forminstabil ab 60°C ( durch Zugabe von hitzebeständigen Poymeren oder Füllstoffen wird aber eine höhere Stabilität erreicht z.B. mit Kenaffasern und Metallhydroxiden.)

Folgende Unterarten existieren:

  • Polyhydroxyalkanoate (PHA): Der natürlich vorkommende wasserunlösliche Polyester, wird durch viele Bakterien und Gärung von Zucker gebildet (Zucker, Glucose, Saccharose) Vorteil: biologisch abbaubar und temperaturbeständig bis ca. 180 °C Nachteil: Es werden 3 kg Zucker für 1 kg Kunststoff benötigt. In der Entwicklung ab 1980 hat Monsanto seinen Beitrag dazu geleistet. Die industrielle Forschung arbeitet an Verfahren, mit denen transgene Pflanzen entwickelt werden um diese aufwendige Produktion zu optimieren. Anwendungsgebiete: Verpackungsmaterial und im medizinischen Bereich
  • Polyhydroxyfettsäuren (PHF) sind durch
    die Einwirkung von Bakterien oder Pilzen auf Zucker oder Stärke gewonnene thermoplastische Polyester. Mikroorganismen speichern PHF als Reservestoff. Seine Gewinnung erfolgt durch Extraktion aus den Zellen. In Abhängigkeit von der Bakterienart und der Wahl des Substrats kann eine Vielzahl von Kunststoffen mit variierenden Eigenschaften entstehen. Die bekanntesten Vertreter sind Polyhydroxyvalerat (PHV) und Polyhydroxybutyrat (PHB). Vorteile: PHB ist biologisch abbaubar und hält Temperaturen von 130°C stand. Nachteile: Es werden 3 kg Zucker für 1 kg Kunststoff benötigt und „…Zellen müssen durch Chloroform oder Enzyme lysiert werden…“ Chloroform hat eine toxische Wirkung auf Herz, Leber und andere innere Organe und steht unter Verdacht krebserregend zu sein. Auch hier gibt es wieder die Möglichkeit Blends durch Zusätze wie Celluloseacetaten die Kunststoffeigenschaften zu verändern. z.B. Kleber, Hartgummi. Angeblich lassen sich in Zukunft durch diesen Zusatz die Kosten mit denen der herkömmlichen Erdöl-Kunststoffen vergleichen.

4. Weitere Arten:

Hierzu gibt es Ansätze, die auf auf Basis von Lignin, Chitin, Casein, Gelatine und weitere Proteine,  sowie Pflanzenöle basieren.

Hier nur einige Beispiele:

Lignin kann nur sehr aufwendig aus Hölzern herausgelöst werden. Es existieren biologisch (Bakterien und Pilze  (Destruenten)) und chemisch-technische Verfahren zur Gewinnung von Lignin.  Die gängigen thermochemisch-technische Methoden sind sehr energieaufwändig, belasten die Umwelt und erzeugen Toxine. Der auf Lignin basierende Kunststoff Arboform wird für Konsumgüter und in der Automobilbranche verwendet. Lignin fällt aber bei der Papierherstellung als Abfallprodukt an wie man in diesem 5 minütigen Video von Planet-Wissen „Kunststoff ohne Erdöl“ hören/sehen kann. (auf das oben genannte PLA-Plastik wird auch eingegangen)

Aus Casein wird der Werkstoff Galalith, der seit 1897 existiert. Galalith entsteht aus Casein und Formaldehyd. Formaldehyd ist akut toxisch und steht unter Verdacht krebserregend zu sein. Seine sehr hohe Wasseraufnahmefähigkeit schränkt dessen Verwendung ein. Er hat Ähnlichkeiten mit tierischem Horn oder Elfenbein, worauf folgende Produkte entstanden: Knöpfe, Anstecknadeln, Gehäuse für Radios, Zigarettendosen, Spielzeuge, Griffe für Regenschirme etc.

Chitin: Chitosan ist ein als Produkt aus Chitinabfällen, bei der Garnelenverwertung. Es dient als Ausgangsmaterial für Fasern, Schaumstoffe, Membranen und Folien.

 

II.) Bio-abbaubarer Kunststoff

Die Basis spielt hier keine Rolle, allerdings ist das Endprodukt biologisch abbaubar. Die Basis kann, muss aber nicht zwangsläufig Mineralöl sein.

Folgende Arten habe ich gefunden:

1.) Polycaprolacton (PCL) Die Basis is Mineralöl. Von Vorteil sind seine leichte Herstellung und seine Eigenschaft sich leicht mit anderen Stoffen wie z. B. Lignin, Gelen, Stärke zu verbinden . Er ist außerdem nicht toxisch.

2.) Abbaubare Polyester wie z. B. Polyesteramide und Polyestercopolymere

Polyestercopolymere sind gutgeeignet für die Mischung mit Stärke oder PLA. Die Stärkebasis besitzt zurzeit den größten Marktanteil. Sie werden hauptsächlich für abbaubare Folienprodukte eingesetzt.

3.) Unter bio-basiert bereits behandelte Arten (Mischform):

Für sie gelten jedoch bestimmte Voraussetzungen bezogen auf die Zusätze bzw. Komponenten / Blends um zusätzlich bio-abbaubar zu sein.

  • TPS bzw. Stärke-Blends
  • Cellophan / Zellglas (wasserlöslich) wenn es nicht zusätzlich nochmal beschichtet wird um die wasserabweisende Eigenschaft zu erhalten.
  • Polymilchsäure (PLA):Die Abbaubarkeit ist von der chemischen Zusammensetzung bzw. dem Einsatz eventueller Copolymere abhängig, die die Haltbarkeit bestimmen. Weniger haltbare Stoffe sind dann unter industriellen Kompostbedingungen innerhalb weniger Monate abbaubar. In der Natur wird sich PLA in den meisten Fällen nicht zersetzen:
  • Polyhydroxyalkanoate (PHA): scheint immer abbaubar zu sein, denn die Ausgangsform ist ohne Zusätze / Komponenten schon hitzebeständig und wasserundurchlässig.
  • Polyhydroxybuttersäure (PHB) und Polyhydroxyvalerat (PHV): Die Abbaubarkeit ist  hier von den Zusätzen abhängig, besonders bei den Blends.

 

Nun könnte man meinen, dass grundsätzlich alle bio-abbaubare Kunststoffe und besonders deren Mischform (bio-basiert und zugleich bio-abbaubar) kompostierbares Bioplastik sind. Ob dies generell behauptet werden kann, zeigt sich bei der Norm für Kompostierbarkeit, die im Beitrag Bioplastik unter gleichnamigen Punkt behandelt wird.

Weiterhin ist dort ein kritischer Blick auf die daraus resultierenden Gesundheitsaspekte und die benötigten Ressourcen zu erwarten. Auch könnte für Euch das Video über eine zukunftsorientierte Biokunststoffart auf CO2 Basis als Klimaretter interessant sein. Also, ganz klar: Leseempfehlung, auch für den anderen Aritkel.

Grüße

Claudia

 


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6 Antworten zu “Bioplastikarten im Detail – Claudia will’s wissen”

  1. Danke für diese Information! Über die Übersichtlichkeit kann man streiten (eine Infografik wäre hier sicher einfacher), aber der Inhalt bietet einen guten Überblick.

    • Hallo Matthias,
      ja, mir wäre es visuell auch lieber 🙂 Nur die Zeit dazu fehlt halt oft hinten wie vorne. Bei Recherchen entsteht nunmal zuerst ein Text, der indirekt ein imaginäres Bild ergibt.

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