Tragetücher, Kinderwagen, Schaukel und Co.? Hebammen-Geheimtipps


Als aktiver Mensch muss ich mein Baby immer mal wieder von A nach B transportieren. Dazu kommt das Tragen zu Hause oder auch bei Spaziergängen an sich. Das geht natürlich auf dem Arm, mit der Zeit wird der aber ganz schön lahm, wenn man länger ein (immer schwerer werdendes) Baby tragen soll.

didimos tragetuch

Ich persönlich bin ein echter Fan der Tragetücher und möchte euch hier ein wenig davon erzählen.

Es lohnt sich auf jeden Fall ein gutes Tragetuch zu kaufen. Es sollte so gewebt sein, dass es über die Diagonale elastisch ist, gut umgenähte Kanten hat und vor allem abgeschrägte Enden. Da gute Tragetücher locker mehrere Kinder aushalten, ist es auch hier zu empfehlen nach einem second hand Tuch zu schauen. Bei allen anderen Tragehilfen, von denen es inzwischen unglaublich viele gibt, empfehle ich Kontakt zu einer Trageberaterin oder einem Trageberater, die über Suchmaschinen im Internet gut zu finden sind. Auch so manche Nachsorgehebamme kennt sich da etwas aus.

Grundsätzlich finde ich es hilfreich, sich vor Augen zu führen zu welcher Spezies wir gehören und welche Entwicklung wir bei unseren Nachkommen fördern wollen. Im Tierreich wird sehr unterschiedlich mit den Nachkommen umgegangen. Da gibt es zum einen die Nestflüchter, die innerhalb kürzester Zeit nach der Geburt auf ihren Beinchen stehen und der Mama hinterher laufen können (wie Kühe, Pferde, Elefanten…). Dann gibt es die Nesthocker, die lange geduldig im Nest warten können, bis Mama von der Futtersuche wieder da ist (wie zum Beispiel Mäuse oder auch Katzen) . Und es gibt die Traglinge, die ihre Babies ständig mit sich tragen (wie z. B. unsere nahen Verwandten, die Affen). Das hat sowohl für die Affen- wie auch die Menschenbabies einige Vorteile: einer der größten Vorteile ist Schutz.

Wird das Baby getragen, kann es zum Beispiel sicher sein, dass es nicht alleine zurück gelassen wurde und somit sein Leben bedroht sein könnte. Das mag ziemlich dramatisch klingen, aber biologisch gesehen laufen in uns und ganz besonders in unseren Babies zu Beginn ihres Lebens noch dieselben Muster ab wie bei unseren Vorfahren in der Höhle. Das Getragen werden bietet Wärme: der Körper der Mutter oder des Vaters wärmt das Baby. Nebenbei bekommt das Baby noch viele andere „Informationen“: Es hört den regelmäßigen Herzschlag und die regelmäßig Atmung der Eltern. Das ist besonders hilfreich, weil alle diese körperlichen Systeme in den ersten Lebenswochen geeicht und stabilisiert werden müssen. Je weniger Stress ein Baby dabei erfährt, umso besser funktioniert dabei die Anpassung. Auch das Gehirn bekommt durch die ständige Berührung ganz viele Impulse, so dass es viel einfacher Verschaltungen und Nervenbahnen bauen kann. Und last but not least: vor allem, wenn es von der Mutter getragen wird, ist die Nahrungsquelle (normalerweise) nicht weit. Da Menschenbabies zu Beginn sehr oft trinken müssen, ist es gut, die Mama in der Nähe zu haben… dazu legt es gute Grundbausteine für ein Sich-wohlfühlen-im-eigenen-Körper und das Nähren von sozialen Verschaltungen.

Ein weiterer positiver Effekt ist das weite Spreizen der Beinchen vor dem Bauch des Tragenden. Es erspart das breit Wickeln bei unreifer Hüfte (wird routinemäßig bei der 3. Vorsorgeuntersuchung in der 4.-6. Lebenswoche per Ultraschall untersucht). Auch für Kinder, die keine auffällige Hüfte haben, ist diese Position physiologisch und förderlich für das Hüftgelenk. Die Trageberaterin Melanie wird uns bald mehr zu verschiedenen Tragemöglichkeiten berichten. Ihr könnt also gespannt sein.

Weitere Hilfsmittel zum Thema Transport: der Kinderwagen. Für viele inzwischen sowas wie ein Statussymbol. Kann man vorher kaufen, muss man aber nicht. Vielleicht erstmal abwarten, wie die eigenen Bedürfnisse dann wirklich sind, wenn das Baby da ist.

Ganz wichtig in der heutigen Zeit jedoch: die Babyautoschale. Es ist die sicherste Möglichkeit für ein Kind, im Auto mitzufahren. Für Sicherheits- oder Giftstofftests bitte Ökotest oder Sfiftung Warentest fragen.

Wer eine Alternative zu einer Wiege sucht (die nicht alle Kinder mögen), kann es mit einem sogenannten Lullababy versuchen, einer Art Schaukel. Dazu braucht ihr allerdings einen gut festschraubbaren Haken in der Decke. Mittlerweile gibt es auch Systeme für den Türrahmen. Dass Lullababy ist einfach eine Kette mit einer Feder, an der unten ein Netz ist, in das man z.B. einen Wäschekorb einhängen kann. Das Ganze kann dann mit Kind, zum Beispiel in einem gepolstertem Wäschekorb, in alle Richtungen schwingen und auch das Baby selbst kann es durch seine Bewegungen in leichte Schwingungen versetzen. Wenn Geschwister da sind, sollte man es etwas höher hängen.

Hier noch ein Wort zu Wippen: Ich halte sie nicht für wirklich notwendig. Ja, sie können mal praktisch sein, bergen aber auch die Gefahr, dass dem Baby das Leben zu leicht gemacht wird. In der Wippe kann das Baby seine Schulter und Rückenmuskeln nämlich nicht gut trainieren, die es dringend braucht, um später gut sitzen zu können. Auch entwickelt sich aus der Bauchlage das Krabbeln, das wiederum wichtig für die Rechts-Links-Hirnhälftenkoordination ist. (Die brauchen die Kinder später wiederum zum Lesen und Schreiben Lernen). Also zum Kochen das Kind eher ins Tragetuch auf den Rücken binden – dann kann es gleich auch noch zugucken und lernen wie das Leben funktioniert – als irgendwo in einer Wippe abzulegen. Aber wie immer im Leben macht auch hier die Menge das Gift und ein Baby, das sich ab und zu in einer Wippe vergnügt, wird trotzdem gut Krabbeln lernen. Also den möglichen Kauf einer Wippe auf jeden Fall erst nach ein paar Monaten überlegen, weil ihr da vielleicht bereits festgestellt habt, dass es sowas gar nicht braucht.

So würde ich es übrigens mit den meisten Sachen handhaben (bis auf Anziehsachen): erstmal abwarten und dann sehen, was wirklich sinnvoll ist. Natürlich ist ein Aufbewahrungsort für Babys Kleider nicht schlecht, aber es muss nicht gleich das fertig eingerichtete Kinderzimmer sein. Klar, braucht man einen Wickelplatz, aber der kann auch erstmal am Fußende des Bettes sein. Irgendwann mag es der eigene Rücken dann schon auf angenehmer Höhe, spätestens wenn das Baby aber mobil wird und beginnt sich zu drehen kann es sicherer sein zum Wickeln auf den Boden umzuziehen, damit das Baby nicht aus Versehen mal vom Wickeltisch springt.

Wenn das Baby 3-4 Monate alt ist, braucht es auf jeden Fall einen Platz am Boden, um sich, seine Muskeln und die Welt zu entdecken. Die Welt muss dabei nicht aus jeder Menge teurem Spielzeug bestehen. In der Regel finden Kinder Alltagsgegenstände eh am spannendsten: einen Kochlöffel oder einen unzerbrechlichen Becher zum Beispiel. Erfahrungsgemäß bekommen alle Eltern viel mehr geschenkt, als ihnen lieb ist. Und auch da sollte gut sortiert werden: je weniger Elektronik umso besser.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Durchschittsfamilie 1-3 Kinder hat. Und bei denen wollen wir alles nicht nur richtig, sondern perfekt machen. Und natürlich wollen wir nur das Beste für unsere Kinder. Aber auch hier sind es nicht wirklich die Dinge, die wir anschaffen oder nicht , die uns zu guten Eltern für unsere Kinder machen, sondern ob wir liebevoll, aufmerksam, Halt- und Körper- und Seelennahrung gebend mit ihnen umgehen.

In diesem Sinne wünsche ich euch viele wunderbare Erfahrungen und ganz viel Freude mit euren Kindern.

Eure Birgit

 

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29 Antworten zu “Tragetücher, Kinderwagen, Schaukel und Co.? Hebammen-Geheimtipps”

  1. Den Tipp mit dem erstmal gucken finde ich richtig gut!
    Kinderwagen ist für uns super sinnvoll, da das Kind hervorragend drin schläft und wir noch Einkäufe transportieren können. Das Kind tragen kann ich aufrgund von nachwirkenden Schwangerschaftsbeschwerden nur einige Zeit. Hilft aber super, um zu kochen! 🙂
    Wir kaufen jetzt noch gebraucht eine Wippe, vermute, dass sie unserem Kind gefällt. Lullababy ist mir zu unsicher an unseren Türrahmen.
    Lg Nanne

    • Hallo Nanne, es freut uns zu lesen, wie es bei Euch am Besten klappt. Ist ja alles eine höchst individuelle Sache und durch den gegenseitigen Austausch, aber auch durch das Hören auf unserer innere Stimme, gelingt uns das gute Leben! Liebe Grüße, auch an Deine Liebsten. Anna

      • Genau, es ist individuell und deswegen auch sinnvoll erstmal abzuwarten, und zu gucken. Dir und deiner Familie auch alles Gute! Nanne

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