It’s Friday! … und traaraaaa, da ist er, der 2. Challengechat. Diesmal im Gespräch Daija und Claudia mit ihren Erfahrungen zum Thema faire Ernährung, ihre Tücken und die Konsequenzen.
Claudia: Hallo Daija. Machen wir erst einmal eine kleine Vorstellung? Soweit ich das mitbekommen habe, bist du dem Hilfeaufruf von Anna und Santa mit einem Unterstützungsangebot gefolgt und gehörst seit Dezember zum Team.
Ich kann mich noch gut an dein Interview mit Santa kurz nach der #GreenParenting-Challenge erinnern, und natürlich auch an deinen ersten Beitrag. Wie bist du eigentlich auf Santa und Finding Sustainia gekommen?
Daija: Hallo Claudia. Ich habe Finding Sustainia gefunden als ich nach deutschsprachigen Nachhaltigkeitsblogs gesucht habe. Nachhaltigkeit bleibt oft so abstrakt und ich war begeistert von den praktischen Challenges, die Santa und Anna sich stellten. Für den Gartenfoodblog Kids-cooks-composts, den ich zusammen mit einer Freundin schreibe, habe ich nach Interviewpartnerinnen gesucht, genauer nach Frauen, denen gesunde Ernährung wichtig ist, um herauszufinden, wie sie gesunde Küche im Alltag mit Job und Kindern umsetzen. Santa bot sich perfekt an.
Claudia: Euer Blog befasst sich also hauptsächlich mit Kindern und gesunder Ernährung?
Daija: Mehr als das. Es geht uns um ein nachhaltiges Familienleben. Vegetarische, saisonale Ernährung ist dabei ein wichtiger Bestandteil, aber auch urbanes Gärtnern, Selbstversorgung in Ansätzen und Naturerleben.
Claudia: Das passte ja super zur #GreenParenting -Challenge. Schön, dass du dabei bist! Los geht’s.
Faire Ernährung mit Video Empfehlungen
Claudia: Wir haben uns heute den Teilaspekt Fair unserer aktuellen #Konsumentscheidet Challenge herausgepickt. Was sind so deine Erfahrungen zum Thema faire Ernährung?
Daija: Natürlich war mir schon vor der Challenge klar, dass es faire Siegel für Kaffee, Kakao und Bananen gibt. Was es wirklich heißt, wenn der kleine Aufkleber auf entsprechenden Lebensmittel fehlt, wurde mir erst im Rahmen der Challenge klar. Entsprechende Dokumentationen wie “Unsichtbare Hände – Sklaverei heute” zeigen, dass alles, was ‘nicht fair’ ist, tatsächlich massive Ausbeutung und Sklavenarbeit, auch von Kindern, bedeutet. (nachträgliche Bemerkung: sehenswerte Zusammenfassung zu produktunabhängiger Sklaverei, inklusive des Fluchtthemas, das ja unser Auslöser für #Iamhuman und diese Challenge ist)
Das war für Dich sicher nichts Neues, oder?
Claudia: Bin gespannt auf deinen Filmtipp. Danke, Daija! Ich hätte es mir ehrlich gesagt nicht so schlimm vorgestellt. Wachgerüttelt und total geschockt hat mich die zweiteilige Doku (Schmutzige Schokolade Teil 1 und Teil 2), die ich während der Sozio-Fair Challenge von Finding Sustainia gesehen hatte. Auf das Video bin ich im Rahmen für zwei Beiträge (Die Geschichte vom fairen Handel und die verschiedenen Gütesiegel mit praktischer Infoquelle zu Faircodes) gestoßen. Da war von Kinder-“Entführungen” die Rede. Man versprach ihnen das Paradies an einem anderen Ort. Sie wurden auf illegalen Wegen in ein angrenzendes Land geschleust und lebten dort illegal ohne jegliche Rechte. Also wie einst Arbeitstiere und Sklaven.
Daija: Den schaue ich mir mal an. Klingt sehr ähnlich. Es betrifft wirklich viele Lebensmittel: Shrimps und Zitrusfrüchte aus Entwicklungsländern, aber auch Gemüse aus Europa. Im spanischen Almería produzieren Menschen in Zwangsarbeit für uns billige Tomaten. Aber was in den Folienhäusern passiert, scheint uns nicht zu interessieren.
Claudia: Dieser Folienanbau in Spanien hat noch weitere negative Auswirkungen und findet quasi direkt vor unserer Haustüre statt. Plastikfolienschnipsel überall im Boden, Dünger und Spritzmittel mit Pestiziden in unvorstellbarem Maß. Die Erde dort ist hochgradig belastet. Absolut nicht gesund und Produkte sollten allein deswegen schon nicht gekauft werden. Spanisches Obst und Gemüse lehne ich daher seit Jahren ab. Bio-Gemüse und -obst stellt für mich echt eine sinnvolle Priorität dar. Zum Glück ist Bioware und gleichzeitig Plastikfrei in Kombination leicht umsetzbar. Aber es geht auch nicht nur um Lebensmittel. Es gibt auch unfaire Teppiche und Kautschuk.
Daija: Bedeutet ‘bio’ auch ‘fair’? Oder ist es wie bei H&M, bei denen Näherinnen unter furchtbaren Arbeitsbedingungen aus Biobaumwolle Billigkleidung nähen?
Claudia: Schöner, Vergleich, Daija! Äh, unschöner Vergleich! Bio ist bio und hat nicht wirklich was mit fair zu tun. Aber zumindest könnte man davon ausgehen, dass die Erntebedingungen wegen fehlender chemischen Belastung humaner sind, oder?
Daija: Ja, scheint so.
Die faire, regionale und saisonale Gemüsekiste
Daija: Ich habe mir im Rahmen der Challenge übrigens versuchsweise eine Gemüsekiste bestellt. Meine Hoffnungen waren:
- weniger Verpackung als bei einem normalen Markteinkauf
- Bezug der tierfreundlichsten Eier
- regionalere und saisonalere Ernährung
Die ersten beiden Aspekte trafen auch zu, allerdings waren spanische Tomaten in den Boxen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Die Betreiberin sicherte mir dann zu, dass sie zwar nicht alle Zulieferer persönlich kennt, es sich aber hauptsächlich um kleine Familienbetriebe handelt, in denen Arbeitsbedingungen kein Thema sind.
Claudia: Glaubst du so was? Wie soll denn ein kleiner Familienbetrieb im Dezember noch Tomaten haben? Ernten die nicht auf einen Schlag am Saisonende, damit es noch für eine Verkaufsladung reicht? Ist die Ernte nicht auch Ende Herbst vorbei?
Daija: Wie ihr immer so schön sagt: It’s complicated! Die Challenge zeigte mir vor allem, dass es 100% guten und richtigen Konsum kaum gibt. Wenn ich versuche, ‘100% richtig’ zu konsumieren, ist Frust und Versagen vorprogrammiert. Anstelle dessen kann ich versuchen Leid zu vermindern.
Claudia: Stimmt! Doppel-Challenges sind echt uferlos und zeigen wie komplex ein 100 Prozent nachhaltiger Konsum ist. Ich glaube man würde echt verhungern wenn man nicht zum Selbstversorger wird und sich einen großen Wintervorrat anlegt. Unser Teammitglied Caroline hat doch mal eine Zeit lang als Selbstversorgerin gelebt. Ihr Wissen sollten wir mal anzapfen.
Ich hab nebenbei mal gegoogelt: Ist verrückt echt! Im Sommer, wenn wir Erntezeit haben, gibt es keine frisch geernteten, spanischen Tomaten. Bei denen fängt die Ernte erst im Oktober an und läuft im Mai aus.
Die Qual der Wahl und persönliche Konsequenzen
Daija: Die Challenge war ja insgesamt unglaublich komplex, und die Qual der Wahl immer da. Was ist besser? Plastikverpacktes Biogemüse aus der Region vom Erzeuger auf dem Bauernmarkt oder die lose Ware im Bioladen, auch wenn ich die Herkunft dort nicht nachvollziehen kann?
Claudia: Ja, das ist die Frage. Was für Konsequenzen zieht man für sich? Da hat sicher jeder so seine eigenen Lösungsansätze. Ich hab mir drei generelle Prioritäten gesetzt:
- Prio 1: plastikfrei
- Prio 2: bio
- Prio 3: fair oder vegan
Sicher nicht immer optimal, aber der Gesundheitsaspekt ist immer inbegriffen. Bei Gemüse und Obst habe ich Prio 1 und Prio 2 leicht im Bioladen erfüllt. Faire und vegane Produkte sind für mich Luxusartikel. Wenn sie im Einkaufskorb landen, freue ich mich über die eingehaltene Prio 3, auch wenn die Verpackung nicht plastikfrei und das Produkt nicht bio ist. So bin ich nicht demotiviert, sondern happy.
Die Wochenhighlights
Claudia: Was war eigentlich dein Wochenhighlight aus der #KonsumEntscheidetchallenge?
Daija: Ich bin stolz darauf, dass ich ganz ohne Kaffee und koffeinhaltigen Tee ausgekommen bin. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein großer für meinen virtuellen fairen Wasserverbrauch. Und deiner?
Claudia: Oh je! Gerade da hab ich so meine Schwachstelle. Einmal am Tag brauche ich einen Kaffee, denn Tee macht mich morgens nicht richtig wach. Was hast du ersatzweise getrunken?
Daija: Ich habe mich im Dezember langsam entkoffeiniert, und vor allem Getreidekaffee getrunken. Jetzt gibt es oft heißes Wasser oder Kräutertee.
Claudia: Ja, stimmt Getreidekaffee, wäre die Lösung gewesen. Irgendwie kam ich nicht drauf. Mein selbstgemachter Löwenzahnkaffee war schon lange aufgebraucht. Geht sicher auch im DIY mit Getreide. (lacht)
Daija: Und dein Highlight?
Claudia: Ich hatte mir für dieses Jahr einen Vorsatz vorgenommen. Anstatt zweimal im Monat mit dem Auto zum Großeinkauf soll es dieses Jahr nur noch einmal im Monat werden. Ich war schon auf der Zielgeraden, aber die dringende Post musste dann doch einmal vor Türschließung mit dem Auto weg. Echt so deppert! Schlechtes Timing in der Organisation. Und damit das heute nicht wieder so im Zeitmissmangagement endet, hätten wir hier ein schönes Ende für unseren Chat gefunden, findet du nicht?
Daija: Genau – und: nobody is perfect!
Claudia: Du sagst es! Ciao, Daija. Ich wünsche dir noch einen tollen Tag und grüß mir London!
Daija: Und dir ein angenehmes, hoffentlich autofreies Wochenende!
Weitere Infos und jede Menge Interaktion findet ihr auf unserer Facebookseite “Finding Sustainia“ und bei Twitter unter @Finding_S.Wir freuen uns auch, wenn ihr euch in der rechten Spalte unseres Blogs für unseren Newsletter anmeldet. So bleiben wir gut verbunden.
15 Antworten zu “Challenge Chat #KonsumEntscheidet – Fair & mineralölfrei: Claudia & Daija”
Liebe Maria
manche Themen lassen sich gemeinsam und im Dialog besser angehen,
findet
Daija
Hallo Daija!
Wo ich Dich überall finde! Schön, auch hier von Dir zu lesen!
lg
Maria
Puuhh, der Film „Unsichtbare Hände“ ist wirklich sehr sehenswert! 38 Millionen Sklaven. Das ist wirklich grausam und 3Sat hat so viele wichtige Zusammenhänge dargestellt und Undenkbares aufgedeckt. Ich habe zwar bereits ein Fairphone und das Glück, nicht besonders scharf auf Schokolade zu sein, aber doch fühle ich mich genauso wie in diesem Film: „Ich sehe nur die Fassade“.
Mir hat der folgende Artikel über Biolebensmitteln und Regionalität sehr gefallen. Ein Lösungsansatz: langfristige Beziehungen z.B. von Rapunzel: http://green.wiwo.de/bio-regional-egal-hat-billigobst-immer-saison/
Liebe Anna,
danke für den Hinweis auf den Artikel. „Günstige Preise haben immer Saison“ – Dieser Preiskampf bei Lebensmitteln regt mich wirklich auf, und ich frage mich, wie und wo wir da den Ausstieg finden können. Klar, ich kann individuell die Entscheidung treffen, mehr zu zahlen, doch dafür muss es doch auch eine gesellschaftliche Lösung geben?
Hofft
Daija
Erschreckend ist doch eigentlich, dass die Lohnnebenkosten schon einen erheblichen Anteil am Einkommen haben und unsere Lebenshaltungskosten für Wohnraum, Reinigungsmittel und Nahrung ebenso. Wenn dann auch noch durch Gesellschaft und Werbung der Konsum angekurbelt wird, werden Prioritäten falsch gesetzt. Wenn ich so zurückblicke gab es da schon einiges was man echt nicht benötigt hätte. Allerdings glaube ich auch, dass dies ein Lernprozess ist. Ich seh das gerade bei den Jungs wieder deutlich. In dem Alter heißt es einfach in sein, sich abgrenzen oder bewusst das selbe besitzen und machen. Wir waren da alle nicht anderes, denke ich. Mit der Zeit und den Erfahrungen wird deutlich, dies oder jenes hätte man sich sparen können, anderes verwenden etc. Und dadurch bleibt wieder mehr Geld für das was wirklich wichtig ist. Gesunde Ernährung, qualitative Kleidung … oder auch Werte wie faire Bezahlung, die den einen oder anderen sogar in Deutschland betreffen. Macht man sich diesen Kreislauf bewusst, ist man auch bereit mehr zu zahlen, nicht nur wegen der eigenen Gesundheit. Ich habe auch den Eindruck, dass Nachhaltigkeit und Umwelt wieder mehr ins Bewusstsein kommt. Vielleicht ist es auch ansteckend 🙂 Weniger macht glücklicher.Das erinnert mich immer an den WDR Beitrag „Der Wahnsinn in Tüten“ (http://www1.wdr.de/fernsehen/ratgeber/servicezeit/sendungen/konsum128.html) Es sind noch viele, die wir anstecken müssen. Grüße Claudia